Sind wir in Deutschland Fit für die Zukunft?

Interview mit
Wilfried Bauer Head of the Public & Health Business Area at the Telekom subsidiary T-Systems

Die Industrie macht es in vielen Branchen bereits vor und natürlich passiert im Moment auf allen Ebenen viel, nicht zuletzt getrieben durch die Corona-Krise. Aber welchen Sprung müssen Verwaltung, Gesundheitswesen und Bildung hier noch machen? Und was hat jeder von uns – als Bürger, als Patient, Schüler oder Lehrer - von den Digitalisierungsinitiativen? Wilfried Bauer, Leiter der Business Area Public & Health in der Telekom-Tochter T-Systems ist sich sicher: Wir haben keine Zeit mehr zum Herumprobieren. Es geht jetzt darum, alle öffentlichen Bereiche mit schnellen und klugen Lösungen fit für das digitale Heute und Morgen zu machen.

Nach drei Jahren mag sogar ein Unheil zu etwas nütze sein, sagt ein fernöstliches Sprichwort. Und wahrscheinlich wird man das auch von der aktuellen Pandemie-Krise sagen, die die Welt, unser Leben und unsere Wirtschaft aktuell so sehr in Mitleidenschaft zieht. Nämlich, dass es jetzt auch wirklich jedem klar wird: Digitalisierung ist der einzige Weg nach vorn. Denn die aktuelle Lage stößt uns beinahe täglich mit der Nase darauf, dass wir in Deutschland oft immer noch viel zu langsam, viel zu schwerfällig sind.

Digitalisierung der Schulen? Vernetzung der Gesundheitsämter? Ein durchgängig konzipiertes Impfmanagement? Das ist auch nach Monaten der Krise vielfach nicht erreicht worden.

Dabei zeigt die aktuelle Situation, wie wichtig digitale Prozesse für sowohl für Unternehmen und wie die auch öffentliche Verwaltung sind. Das beginnt mit dem digitalen Arbeitsplatz, und geht weiter zu sämtlichen Geschäftsprozessen. Diejenigen, die ihre Abläufe zumindest schon in Teilen digitalisiert hatten, waren auch während weitreichender Kontaktbeschränkungen weiter arbeitsfähig. Ob E-Commerce, digitale Arztbesuche, Behördengänge oder Bankgeschäfte, Video-Chats mit Kunden oder interne Abläufe: Digitale Prozesse sind immer verfügbar, schneller und sparen Zeit und Kosten.

Public-Private Partnerships – eine Frage des Vertrauens

Die Entwicklung der Corona-Warn-App hat es gezeigt: Es geht viel und es geht schnell, wenn es muss. Selbst in Public-Private Partnerships. In nur 50 Tagen hat die Deutsche Telekom gemeinsam mit ihrem langjährigen Partner SAP die Warn-App im Auftrag der Bundesregierung auf die Beine gestellt, die mit aktuell 25 Millionen Nutzern die bei weitem am meisten genutzte App dieser Art weltweit ist und die kontinuierlich weiterentwickelt wird. Wir hatten uns von Anfang an entschieden, die Themen Freiwilligkeit und Datenschutz ganz nach vorne zu stellen – und die große Akzeptanz gibt diesem Konzept bis heute recht.

T-Systems und die Deutsche Telekom betreuen nahezu alle Regierungsbehörden in Deutschland und viele in Europa, dazu diverse Landesbehörden, Verwaltungen und andere öffentliche Institutionen. Auch hier steht das eine vertrauenswürdiger Umgang mit den hochsensiblen Bürgerdaten im Vordergrund. Wir brauchen für Deutschland eine souveräne Cloud-Infrastruktur, die noch mehr bequeme und vor allem sichere Online-Services für Bürgerinnen und Bürger ermöglicht. Wie zum Beispiel das „Dialogisierte Wohngeldverfahren“, das eine komplett softwarebasierte Lösung für die Bearbeitung und Auszahlung von Wohngeld sowohl für Bundesländer als auch für Kommunen bietet.

Oder beim Thema Breitband- und 5G Ausbau: Hier kann die Digitalisierung der so genannten Wegesicherung, worüber 1,5 Millionen Genehmigungsanträge für Kabel- & Leitungsverlegungen gemanagt werden, für eine deutliche Beschleunigung der Prozesse sorgen. Damit Deutschland endlich von einem der hinteren Ränge des EU-Digitalisierungsatlas auf einen der vorderen Plätze aufsteigt.

Wichtiger denn je: Teilhabe an digitaler Bildung

Dass es hierbei in Deutschland hapert, zeigt sich spätestens, wenn Schulen aufgrund hoher Infektionszahlen schließen müssen. Denn dann stehen fast 11 Millionen Schüler und ihre Eltern vor der Herausforderung „Home Schooling“. Weder das Equipment zu Hause und erst recht nicht die Ausstattung der Schulen sind nur annähernd darauf vorbereitet – nicht umsonst steht Deutschland laut einer OECD Studie im internationalen Vergleich lediglich an Platz 13 bei digitalen Bildungsangeboten. Und das nicht erst seit der Corona-Pandemie.

Lehrerinnen und Lehrer beklagen aber nicht nur die mangelnde Ausstattung, sondern es fehlen auch die fachliche Unterstützung für Wartung und Betrieb der IT-Tools und Anlagen. Der Markt ist fragmentiert, voll mit Anbietern für diverse Insellösungen. Hier braucht es aber einen Player, der ein ganzheitliches Angebot von der Vernetzung, über sichere Plattformen bis hin zu Service und Betrieb anbieten kann – quasi ein komplettes Ökosystem für Digitale Bildung. Hier bündelt die Telekom alle Ressourcen des Konzerns, um auch ihrem gesellschaftlichen Anspruch „#dabei“ gerecht zu werden, nämlich alle Menschen in die digitale Gesellschaft mitzunehmen.

Eine moderne, digitale Bildung ist ein zentraler Baustein für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Kinder müssen so früh und schnell wie möglich an die Digitalisierung und ihre Möglichkeiten herangeführt werden. Da sind Wandtafel und Kreide einfach nicht mehr zeitgemäß. Hier brauchte es einen echten „Mindshift“, auch bei Lehrkräften und Schulträgern, die digitalen Unterricht nicht als Zusatzaufwand, sondern als echten Mehrwert für modernes Lehren und Lernen begreifen – auch nach der Pandemie.

Näher am Patienten

Dem Vorwurf, Digitalisierung würde Menschen langfristig einander entfremden, begegnet man immer wieder. Besonders im Gesundheitswesen zeigt sich: Genau das Gegenteil ist der Fall. So genannte Home Care Lösungen, Telemedizin oder digitale Gesundheitstools, die Diabetes, Herzfunktionen oder andere Vitalwerte monitoren und in Echtzeit übermitteln, bringen Patient und Arzt unabhängig von Zeit und Ort näher zusammen.

Es geht allerdings nicht nur um die Arzt-Patienten-Beziehungen, sondern Digitalisierung vereinfacht sämtliche Abläufe in einem immer komplexer werdenden Gesundheitswesen, in dem verschiedenste Akteure und Systeme immer enger zusammenwachsen und interagieren müssen. Bausteine für die digitale Transformation des Gesundheitswesens sind vor allem: Sichere Netzwerke, Datenschutz konforme Nutzung von Informationen, digitale Applikationen und sektorenübergreifende Konnektivität. Laut einer Gartner-Studie aus dem letzten Jahr planen daher die CIOs großer Kliniken und anderer Gesundheitshäuser massiv in Datenanalyse, IT-Sicherheit, User Experience und Prozessautomatisierung zu investieren.

Denn aktuell spielt Deutschland auch hier im internationalen Vergleich leider ganz hinten mit. Spanien, Dänemark und allen voran Israel sind uns hier meilenweit voraus. Das zeigt sich auch aktuell beim Impfmanagement.  Gerade hat die Telekom erneut gemeinsam mit SAP eine komplett digitale Impfprozesskette entwickelt: Von der Terminvergabe, über den Abgleich mit dem Melderegister, der Steuerung von mobilen Impfteams bis zu Verteilung des vorrätigen Impfstoffs an die jeweiligen Impfzentren. Hier ist tagesaktuell klar, wer in der impfberechtigten Altersgruppe ist, wieviel Impfstoff wo zur Verfügung steht und wie sich dementsprechend die individuelle Terminvergabe realisieren lässt.

Im Jahr 2021 wollen mehr als neun von zehn Unternehmen ihre langfristige IT-Strategie verändern, dies triff auch auf die drei besprochenen Bereiche zu, angesichts der aktuellen Situation. Egal wie das Frontend-aussieht, ohne den Wechsel in eine sichere Cloud-Infrastruktur (Stichwort Gaia x) und weg von proprietären Lösungen wird die Digitalisierung im großen Stil nicht funktionieren. So wird der Wechsel in die Cloud mit noch größerer Energie vorangetrieben und es wird mehr Geld in Automatisierung und die Echtzeitauswertung von Daten (Big Data) fließen. Das sind Investitionen, die sich lohnen – mit deutlichen Kosteneinsparungen durch geringere administrative Aufwände auf der Anbieterseite und mehr und einfacheren Services für die Nutzer, also uns alle.