Die Entwicklung bei den elektronischen Bauelementen hat eine enorme Verdichtung von Funktionen ermöglicht. Dieser Technologieschub macht es einerseits leichter, die Maschinen zu modularisieren und zu skalieren. Andererseits wird ein Denken in immer kleineren und elementaren Funktionen erforderlich, und der Initialaufwand bei der Entwicklung der Systeme wächst.
Standards für Individualisten, oder: Was passt zu meinen Maschinen?
Eine schlüssige Antwort hat der Roboterhersteller KUKA formuliert: „Der Schlüssel [zur massenhaften Individualisierung] liegt in einem hohen Standardisierungs- und Automatisierungsgrad, der gleichzeitig Raum für Variationen von kundenrelevanten Produktmerkmalen lässt. Auch das Konzept der Modularisierung, das dem Kunden eine individuelle Produktkonfiguration … bietet, ist eine kosteneffiziente Möglichkeit, individuelle Kundenwünsche … zu erfüllen.“ [1] Die Individualisierung, wie sie gegenwärtig angestrebt wird, ist nicht zuletzt einer der Kernaspekte von Industrie 4.0.
Schnittstellen sind ein wichtiger Bestandteil der Modularisierung. Aber müssen diese auch immer gewissen Standards folgen? Die zunehmende Automatisierung und Modularisierung der Produktionssysteme bringen für die OEMs und die Endanwender technische und betriebswirtschaftliche Vorteile. Die Schnittstellen spielen dabei eine immer entscheidendere Rolle.
Die Erfahrung der Kunden von HARTING zeigt deutlich: Es gilt zu differenzieren, denn an einigen Stellen sind eher standardisierte und an anderen „individualisierte“ Schnittstellen von Vorteil!
Um als OEM den richtigen Individualisierungsgrad für seine Maschinen zu bestimmen und mit den teils gegensätzlichen Anforderungen entlang des Lebenszyklus in Übereinstimmung zu bringen, ist es hilfreich, in unterschiedlichen „Clustern“ bzw. Funktionsgruppen zu denken.
Funktionsgruppen
Ratschläge für individualisierte Schnittstellen
Aus der HARTING Analyse der Kundenapplikationen ergeben sich folgende Ratschläge für die individualisierten Schnittstellen:
Generell ist es sinnvoll, individualisierte Schnittstellen für solche Funktionsgruppen zu verwenden, die in hohem Maße die Kernkompetenz des OEM darstellen.
Kundenspezifische Interfaces werden am häufigsten für solche Module verwendet, die direkt vom jeweiligen Hersteller entwickelt oder hergestellt werden.
Bei Sensoren und Aktuatoren werden meist standardisierte Schnittstellen einsetzt. Innovatoren aber versuchen durchaus, sich vom Marktumfeld abzusetzen, indem sie gezielt maßgeschneiderte Schnittstellen einsetzen.
Bei den Datenschnittstellen verlassen sich die Maschinenbau-Hersteller voll und ganz auf standardisierte Lösungen. Da die Technologien der Datenübertragung einem enormen Wandel unterworfen sind, werden diese maßgeblich von den Zulieferern der Steuerungskomponenten bestimmt. Die Empfehlung an die OEM lautet hier:
Sie sollten den jeweils neuesten Standards der eingesetzten Steuerungstechnologie folgen und so die angestrebte Modularität und Skalierbarkeit sichern;
Jenseits des Maschinen-Edge sollten die Interfaces stets dem neuestem Stand der Technik entsprechen. Dann hat man als OEM ein optimal ausgelegtes System. Außerdem ist man für den künftigen Ausbau von Service-Leistungen auf der Basis von digitalen Diensten bestens gerüstet.
Bei anderen Funktionsgruppen sollte man systematisch die Vor- und Nachteile individualisierter Schnittstellen abwägen. Die wichtigsten Gründe für nicht-standardisierte Schnittstellen:
Es liegen Anforderungen von Endanwendern vor, die sich bewusst von einzelnen Zulieferern abgrenzen oder auf diese fokussieren wollen;
Abgrenzung gegenüber Wettbewerbern durch datenbasierte Business-Modelle wie After-Sales-, Service- und ähnliche Dienste;
Bewusste Ausstattung der Module mit spezifischen Schnittstellen, um sich vom Wettbewerb abzusetzen. Insbesondere OEMs, die sich als Technologieführer verstehen, nutzen diese Möglichkeiten.
Nutzung von Sensoren/Aktuatoren oder deren Kombination, die nach OEM Vorgaben entwickelt wurden: Auch hier ist der Schutz des eigenen Know-hows das stärkste Motiv, individualisierte Schnittstellen zu nutzen.
Individualisierungsmöglichkeiten von HARTING
Welche Möglichkeiten der Individualisierung bietet HARTING, um kundenspezifische Schnittstellen zu realisieren? Nach Individualisierungsgrad geordnet (steigend) sind es:
Die Kontakteinsätze können nach dem Baukasten-Prinzip mit unterschiedlichen Gehäusetypen kombiniert werden. Somit ergibt sich einfache Skalierbarkeit für die IP-Schutzart, den EMV-Schutz oder auch die Einbausituation;
Kabeleingänge und Bedruckungen an Gehäusen können mittels Online-Konfiguratoren frei konfiguriert und kundenspezifisch bestellt werden;
Bestückung mit Kontakten mit unterschiedlichen Eigenschaften: dadurch können Kontakteinsätze kundenspezifisch ausgelegt werden;
Viele Kontakteinsätze können an individuellen Stellen mit Kodier-Pins statt mit Kontakten versehen werden;
Zur Kodierung können Stift-und-Buchsen-Kombinationen anstelle von Befestigungsschrauben eingesetzt werden;
Für die Datenübertragung können exakt auf die Endanwender-Umgebung zugeschnittene Teilstrecken gestaltet werden; dazu werden mittels standardisierter preLink® Kontaktblöcke passende Steckverbinder-Typen für verschiedene Enden der Datenleitungen in jeweils erforderlichen Schutzarten realisiert;
Bei modularen Steckverbinder-Systemen können elektrische Kontakteinsätze mit anderen Medien wie Pneumatik oder LWL kombiniert werden. Aus der Vielzahl vorhandener Module lassen sich de facto Interface-Unikate erzeugen;
Kundenseitig spezifizierte und von HARTING werkseitig zusammengebaute und getestete Produkte – vom Steckverbinder-Set bis zur individuellen Kabelkonfektion;
In der höchste Stufe werden z. B. Interfaces auf individuelle Kundenanforderung hin entwickelt – mit dem Ziel, auch die „ausgefallenen“ Wünsche der Kunden im Maschinen- und Anlagenbau zu bedienen!
References
Piller, F. T.; Stotko, C. M. (HRSG.): Mass Customization und Kundenintegration. Düsseldorf: Symposion 2003.
Jakob Dueck
Position: Industry Segment Manager Machinery
- Abteilung: Industry Segment Management
- Firma: HARTING Technology Group