Power Usage Efficiency

Energieeffizienz für die Energiewende ausreichend? 
Neue Lösungswege mit der Circular Economy

Interview mit
Prof. Eva Schwenzfeier-Hellkamp, Head of Institute for Technical Energy Systems Head of the study program Regenerative Energies

Die Auswirkungen des Klimawandels werden weltweit immer deutlicher. Extremwetterereignisse wie Starkregen, Trockenheit, Hitze und Waldbrände sind nur wenige Beispiele. Dazu wird auch die Verknappung der Rohstoffe und die kritische Infrastruktur in der Lieferkette immer deutlicher – der Holzpreis explodiert oder ein Frachtschiff blockiert den Suezkanal und die gesamte Halbleiter-Lieferkette bricht zusammen. In Zeiten des Klimawandels und kritischer Verknappung von Rohstoffen auch bedingt durch die geopolitische Lage müssen neue Lösungswege beschritten werden.

Energieeffizienz kann einen Beitrag für die Energiewende leisten. Jedoch ist dieser Lösungsweg bei der komplexer werdenden Situation nicht mehr ausreichend. Eine Ausdehnung der Betrachtung von den energieeffizienten Verbrauchern auf regenerative Energieerzeugung, Energiespeicher und stabile und zugleich flexible Netzstrukturen ist zwingend erforderlich. Auch die R-Strategie reuse (Wiederverwendung) aus dem Bereich der Circular Economy ist ein vielversprechender Ansatz.

Welche Lösungswege sollen von Unternehmen nun beschritten werden? In den 90er Jahren als fokussiert über Lösungen für die Energiewende diskutiert wurde, konnte die Energieeffizienz als ein wesentlicher Beitrag zur Energiewende angesehen werden.

Die Umrüstung auf Beleuchtung mit LEDs, die Identifizierung von energieintensiven Verbrauchern sowie die Effizienzsteigerung von Maschinen in der Produktion sind aktuelle Beispiele für geeignete Energieeffizienzmaßnahmen, um einen wichtigen Beitrag für die Steigerung der Effizienz innerhalb des Unternehmens zu leisten. Als alleiniger Lösungsweg ist Energieeffizienz jedoch angesichts globaler Krisen wie die Klimakrise und der Ressourcenknappheit nicht mehr ausreichend, ein Umdenken und anderes Handeln ist zwingend erforderlich.

In Politik und Gesellschaft wird die Bewegung nachhaltigere und ganzheitliche Produkte herzustellen stärker. Der Druck seitens der Gesellschaft wird größer, durch Bewegungen wie bspw. Fridays for Future oder europäischer Gesetzgebung in Form des Green Deals und dem circular economy action plan. Über die Verschärfung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes werden die Vorgaben auch in Deutschland zunehmend strenger. Das bedeutet, dass durch den steigenden Druck von außen mehr Unternehmen gezwungen werden nachhaltiger zu wirtschaften, was unmittelbar zu einer Verbesserung der Energieeffizienz führt.

Die Circular Economy (CE) ist eine Lösungsoption, um Unternehmen unabhängiger von kritischen Ressourcen und somit resilienter in Krisenzeiten zu machen. Dabei sollen Produkte von Beginn an so designt werden, dass sie möglichst lange halten und nach dem Lebensende gut recycelt oder anderweitig genutzt werden können. Immer mehr in den Fokus rückende Stichworte (R-Strategien) dazu sind reuse, refurbish, remanufacture und recycle.

Die krisenhafte Situation als Chance zu nutzen, sollte nun unsere Haltung sein. Das nachhaltige Wirtschaften ist bei der Entwicklung und Herstellung neuer Produkte zu berücksichtigen. Die möglichen Facetten hierfür sind vielfältig. Der Fokus dieses Beitrags soll zwei Aspekte exemplarisch hervorheben.

Energiekonzept aus regenerativer Energieerzeugung, energieeffizienten Verbrauchern und Energiespeichern

Bei der Herstellung von Produkten werden in vielen Fällen bereits energieeffiziente Maschinen eingesetzt. Die Beleuchtung der Industriehallen ist größtenteils auf LED-Leuchten umgestellt worden.

Die derzeitige Problematik liegt bei der Erzeugung der eingesetzten Energie. Aktuelle Debatten thematisieren die Problematik der Energieerzeugung aus Gas. Auch diese kann im Prozess verbessert und in der Effizienz gesteigert werden. Die aktuellen Diskussionen zeigen jedoch auf, dass dies langfristig nicht ausreichend sein wird.

Es gilt in Unternehmen frühzeitig ein umfassendes Energiekonzept von der regenerativen Energieerzeugung über energieeffiziente Verbraucher hin zu Energiespeichern zu planen. Wichtig hierbei ist, die zeitliche Kopplung der Energieerzeugung an den Verbrauch anzupassen. Die Energie soll folglich dann erzeugt werden, wenn der Verbraucher diese benötigt. Möglich ist es die Last an die Erzeugung anzupassen und Lastspitzen zu vermeiden. Die Nutzung erneuerbarer Energien wie die Nutzung von Photovoltaik und Wind sind stark diskutierte Ansätze. Dabei stellt der Zubau von Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) für Unternehmen einen möglichen Weg dar. Neben der Südausrichtung ist die Ost-West-Ausrichtung der PV-Anlagen bei Strombedarf der Verbraucher in den Morgenstunden und den späten Nachmittagsstunden von besonderem Interesse.

Nur in Ausnahmefällen soll ein Speicher zum Einsatz kommen, der die überschüssige Energie zu einem anderen Zeitpunkt bereitstellt. Wichtig hierbei ist auch das elektrische Netz mit zu betrachten und das Energiekonzept derart auszulegen, dass es das elektrische Netz stabilisiert.

Circular Economy und die R-Strategie reuse: Anwendung auf das Energiekonzept

In der Circular Economy werden sogenannte R-Strategien (z.B. reuse, refurbish, remanufacture und recycle) angeführt, um vom linearen Wirtschaften zum zirkulären Wirtschaften zu gelangen. Unternehmen, wie GEA, haben den Einstieg in die CE durch eine Auswahl der R-Strategien gefunden. Wichtig ist die Differenzierung der Strategien für Produkte, die sich bereits beim Kunden befinden, und neue Produkte, die noch in Verkehr gebracht werden. Nachfolgend soll die R-Strategie reuse exemplarisch dargestellt werden, um das enorme Potential aufzuzeigen.

Im Falle von reuse soll ein Produkt wiederverwendet werden. Bezugnehmend auf das oben erwähnte Energiekonzept ist zu überdenken, welche Komponenten im Energiesystem weiter eingesetzt werden können, insbesondere energieeffiziente Produkte sind hier von Interesse. Wichtig ist bei dem Fall der Wiederverwendung sicherzustellen, dass die Qualität der Komponenten gewährleistet wird. Ein Ansatz im Bereich der anwendungsorientierten Forschung ist das reuse von PV-Modulen, insbesondere kristalline PV-Module. Nach auslaufender EEG-Vergütung (nach 20 Jahren in Deutschland) stehen eine stetig steigende Anzahl von PV-Modulen für einen second life Einsatz zur Verfügung. Weitere Komponenten des Energiesystems können hinsichtlich eines second life überdacht werden, um so der Verknappung der Rohstoffe entgegenzuwirken. Am Institut für Technische Energie-Systeme (ITES) an der Fachhochschule Bielefeld wird bereits mit second life Modulen experimentiert und der Einsatz im Feld vorbereitet.

Knackpunkt sind noch rechtliche Rahmenbedingungen. Bspw. kann Elektroschrott in Deutschland nicht so einfach wieder als neues Produkt in den Verkehr gebracht werden und die Produktgarantie stellt ebenfalls Herausforderungen dar. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für solche reuse-Konzepte bedürfen für eine erfolgreiche und sichere Umsetzung einer entsprechenden Anpassung und Erweiterung.