Energieverbräuche im Blick haben

Nachhaltiges Handeln in der industriellen Produktion steht unter anderem für den effizienten und schonenden Einsatz von Energie. Um die realen Energiebedarfe von Antrieben und elektrischen Geräten im Blick behalten zu können, muss man diese jedoch erst valide erheben, zusammenführen und auswerten. Ohne eindeutige Informationen ist eine sinnvolle Auswertung und energetische Optimierung kaum möglich. HARTING unterstützt dazu mit smarter Infrastruktur das Forschungsprojekt „Entwicklung von Energiemanagementschnittstellen für IoT-Technologien - IoT_EnRG“ der Hochschule Hannover und der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg. Das Forschungsprojekt widmet sich der Entwicklung eines universellen Energieinformationsmodells, zur vereinfachten Übermittlung von Energiemanagementdaten in übergeordnete Systeme.

Nachhaltiges und umweltbewusstes Handeln ist in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus gerückt. Nicht zuletzt durch steigende Energiepreise wird es notwendiger denn je, die Verbräuche in der eigenen Produktion im Blick zu behalten. Das Monitoring von Energieverbräuchen ist an sich erst einmal nichts Neues. Allerdings gibt es im industriellen Umfeld aktuell noch diverse Hürden, die eine einfache und einheitliche Auswertung von Energiedaten für ein durchgängiges Energiemanagement erschweren.

Bei der Automatisierung von industriellen Anlagen müssen Anwender heute auf unterschiedliche Semantiken für die Interpretation von Energiedaten zurückgreifen, da proprietäre Systeme und parallele Standards bestehen. Mit Hilfe der Semantiken werden aus den Energiedaten wertvolle Energieinformationen. Damit diese Energieinformationen in einem einheitlichen Format verfügbar sind, wurde in den letzten zwei Jahren durch das Forschungsprojekt „Entwicklung von Energiemanagementschnittstellen für IoT-Technologien - IoT_EnRG“, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert wird, ein universelles Energieinformationsmodell erarbeitet. Mit Hilfe dieses Informationsmodells erhalten Energiedaten eine eindeutige Semantik und können so mit weniger Engineering-Aufwand schneller in die technischen Energiemanagementsysteme integriert werden. In der Industrie ist die Integration von Energieinformationen, die unterschiedlichsten Quellen in der Feldebene entstammen, derzeit noch mit einem hohen Engineering-Aufwand verbunden, da die Energiedaten mit verschiedenen Kommunikationsprotokollen (z. B. PROFINET, Sercos III, EtherNet/IP oder Modbus TCP) und spezifischen Energieprofilen wie PROFIenergy, Sercos Energy oder CIP Energy übertragen und bereitgestellt werden können. Die resultierenden unterschiedlichen proprietären und Energieprofil-spezifischen Semantiken werden bei der Einrichtung von OPC UA-Schnittstellen beibehalten und erschweren die Schnittstellenkonfiguration sowie die weitere Einbindung der Energieinformationen in Energiemanagement-Applikationen. Das universelle Energieinformationsmodell kann diese Hürde nun überwinden und liefert so einen Beitrag, der die Industrie unterstützt, eine sparsame, möglichst klimaneutrale Produktion zu betreiben.

Der Smart Electrical Connector als Informationslieferant

Die Erhebung der Informationen zu Energieverbräuchen erfolgt auf verschiedene Arten. Manche Geräte sind selbstständig in der Lage ihre Verbräuche zu messen und in übergeordnete Ebenen zu melden, andere wiederum benötigen externe Sensorik dafür.

Insgesamt basieren Megatrends wie IoT und Konzepte wie der Digitale Zwilling auf einer deutlichen Steigerung verfügbarer Daten. Das betrifft, neben aktiven Geräten, auch ehemals passive Komponenten wie beispielsweise Steckverbinder. Diese übertragen zukünftig nicht nur als passives Infrastrukturelement Energie und Daten, sondern können ergänzend auch aktiv Zustandsdaten wie Strom und Spannung überwachen und damit zum Lieferanten von Energie-Daten werden.

Die Erfordernisse des IoT fest im Blick, unterstützt HARTING die Anwender mit Konzepten wie dem SmEC – dem Smart Electric Connector, die in der Lage sind,  Energiedaten selbständig zu erfassen und über eine eigene Verwaltungsschale weiterzugeben. Damit wird der Steckverbinder zum smarten Baustein, und  Energiemanagementdaten können so deutlich einfacher generiert werden.

Interview:

Das Forschungsprojekt „Entwicklung von Energiemanagementschnittstellen für IoT-Technologien - IoT_EnRG“ hat ein universelles Energieinformationsmodell zum Ziel, um Daten zu Energieverbräuchen einheitlich übertragbar und leichter auswertbar zu machen. tec.News hat mit den Projektleitern Leif Thore Reiche und Maxim Runge gesprochen.

Herr Reiche, Herr Runge, das Projekt wurde in die JWG Power Consumption Management übergeben und geht damit einen Schritt auf die Standardisierung des Modells zu. Für wen ist das universelle Energieinformationsmodell interessant, wer sollte sich die Ergebnisse Ihrer Arbeit genauer ansehen?

L. T. Reiche, M. Runge: Das Energieinformationsmodell richtet sich in erster Linie an alle Menschen, die sich im industriellen Umfeld mit der Übertragung von Energiedaten beschäftigen. Neben Personen aus dem Themenbereich Energiemanagement, könnte das Modell beispielsweise auch Entwickler, Inbetriebnehmer und Ingenieure betreffen, die im Energieumfeld tätig sind.


 

Um das Modell zum Leben zu erwecken ist unter Ihrer Leitung auch ein Demonstrator entstanden, den HARTING auf der SPS 2023 ausstellen wird. In welcher Form realisiert der Demonstrator Ihr Modell?

L. T. Reiche, M. Runge: Auf dem Demonstrator sind Beispielapplikationen wie ein Drehstrommotor, Druckluftzylinder, 3 verschiedene Prozess-Ventile und ein Servolinearantrieb als Verbraucher aufgebaut. Zusätzlich können Leckagen durch ein handbetätigtes Ventil simuliert werden. Messdaten werden ausgehend von den Betriebseinrichtungen (z. B. Frequenzumrichter), aber auch über separate Messgeräte bereitgestellt. Die Switche leisten dabei einen zentralen Beitrag zur Verteilung und Bereitstellung der Energiedaten.


 

Wie wichtig sind Energiedaten aus der Feldebene für den Product Carbon Footprint?

L. T. Reiche, M. Runge: Ohne die Energiedaten der Feldebene lässt sich der PCF eigentlich gar nicht genau beziffern. Daher sind diese Daten eklatant wichtig zu dessen Beurteilung. Ohne genau zu wissen, welche Verbräuche in der Feldebene im Zuge eines Produkt-Entstehungsprozesses anfallen, kann man nicht sagen wie viel kWh Energie im Produkt stecken und wie sich diese in potenziell regenerative und nicht regenerative Anteile aufteilen.


 

Welcher Ansatz wird zur Generierung der Daten im Projekt verfolgt (heterogene Systeme, Standards, Universalität)? Welcher Bezug besteht zur Asset Administration Shell (AAS)?

L. T. Reiche, M. Runge: Durch den Demonstrator hatten wir im Projekt die Möglichkeit Energiedaten von heterogenen Systemen in verschiedenen Anwendungsfällen zu generieren, die wir anschließend gemessen, semantisch einheitlich beschrieben und im Netzwerk kommunizieren konnten. Ein Bezug zur AAS besteht in der Hinsicht, dass die Energiedaten mit unserem Informationsmodell semantisch einheitlich hinterlegt werden könnten.


 

Wie unterstützt HARTING das Projekt?

L. T. Reiche, M. Runge: HARTING liefert mit der ix Industrial Ethernetschnittstelle eine moderne Alternative zu RJ45 Lösungen. ix Industrial ist deutlich kleiner, gleichzeitig aber deutlich robuster und wesentlich besser geschirmt. Dies gewährleistet eine hervorragende Signalintegrität. Weiterhin unterstützt   HARTING den Demonstrator mit unmanaged Switches, die für die zuverlässige Verteilung und Bereitstellung von Energiedaten in vollem Umfang geeignet sind. Weiterhin gibt HARTING solchen wichtigen Projekten gerne eine Bühne auf der SPS 2023, um zu zeigen, wie wichtig die Themen Nachhaltigkeit und Energiemanagement sind.