Digitale Zwillinge as a Service. Die Vision von simercator

Gastartikel simercator

Die simercator-Gründer Philipp Stelzig und Benjamin Rodenberg entwickeln eine Technologie, mit der Unternehmen Simulation Digital Twins über Unternehmensgrenzen hinweg sicher teilen können, ohne sie verteilen zu müssen.

Digitale Zwillinge brauchen digitale Lieferketten

Hersteller mechatronischer Systeme setzen häufig auf Zulieferer für einzelne Bauteile oder Subsysteme. Dabei benötigen Systemhersteller heute eine Vielzahl digitaler Assets zum Zulieferteil, z.B. Geometriedaten (CAD) für die Entwicklung oder Stücklisten und Handbücher für die Wartung im Betrieb.

Anders als in der Softwarebranche, wo Entwickler über Plattformen wie GitHub oder GitLab seit vielen Jahren Softwarebausteine austauschen, ist in der Industrie die Formalisierung von digitalen Lieferketten erst im Gange. Etwa die sog. Verwaltungsschale aus der "Plattform Industrie 4.0" als Standard für den Datenaustausch, oder die Spezifikation eines Daten-Ökosystems für die Automobilindustrie in Catena-X.

Simulation Digital Twins

Eine Sonderrolle unter den digitalen Assets nehmen Simulationsmodelle ein, allgemeiner Simulation Digital Twins, mit denen Systemhersteller bereits zur Entwicklungszeit die korrekte Funktion des Zulieferteils im System virtuell absichern. Während ein vereinfachtes Geometriemodell ausreicht, um z.B. den Bauraum eines Steckverbinders auf einer Platine zu beschreiben, muss ein Simulationsmodell für den kraftschlussabhängigen Übergangswiderstand der Verbindung detaillierte Geometriedaten und Materialmodelle enthalten. Zudem liefern Simulationsmodelle immer nur in einem bestimmten Bereich genaue Vorhersagen. Neben dem Schutz von Know How in Simulationsmodellen ist daher vielmehr als bei anderen digitalen Assets die Kontrolle der korrekten Verwendung entscheidend.

Digitale Zwillinge mit simercator: Streamen statt verteilen

Mit dem Functional Mockup Interface (FMI) wurde 2010 in der Industrie ein mittlerweile kontinuierlich weiterentwickelter Standard geschaffen, mit dem Simulationsmodelle meist in kompilierter Binärform zwischen verschiedenen Simulationssoftwares ausgetauscht werden können. Während durch die Binärform ein adäquater Schutz von mathematischer Formulierung und Parametersätzen gegeben ist, bietet der Standard keine inhärente Kontrolle über Verwendung und Verbreitung der Modelle.

simercator hat deswegen eine spezielle Methode entwickelt, um Simulationsmodelle as a Service (SMaaS) bereitzustellen, voll skalierbar und wie gewohnt im FMI-Standard. Das ermöglicht effektive Kontrolle für Verbreitung und Verwendung. So kann ein Modellanbieter über eine simercator hub-Instanz sein Simulationsmodell einem Modellnutzer als "Doppelgänger" des originalen Modells zur Verfügung stellen, während das Originalmodell sicher auf dem Server der simercator hub-Instanz verbleibt. Für den Modellnutzer ist der Doppelgänger in der Verwendung identisch zum Originalmodell. Nur zur Simulationszeit "streamen" Doppelgänger (Client) und Original über die simercator hub-Instanz (Server) per verschlüsselter Netzwerkverbindung die zur Simulation notwendigen Daten. simercator kann mit dieser Architektur für den Modellanbieter wie auch für den Modellnutzer sogar eine interaktive Datenanalyse der Nutzung implementieren, sowie Fähigkeiten zur Ergebnisnachverfolgbarkeit, Modellversionierung und Modellmanagement.

Mechatronikentwicklung so schnell wie Softwareentwicklung

Ein einfacher Austausch digitaler Aseets wird für die Industrie ein Gamechanger und macht Entwicklungsgeschwindigkeiten wie im Softwaremarkt möglich. Startups und Standards liefern dafür die notwendige Technik. Entscheidend ist, dass auch das Mindset der Unternehmen diese Entwicklung als Chance begreift.

Philipp Stelzig und Benjamin Rodenberg